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Erstellt am 12.12.2022

Wieder mal Zeit, über Politiker-Gehälter zu sprechen

von Reinhard Göweil

Österreich ist ein Land mit neun Millionen Einwohnern und hat eine Wirtschaftsleistung von 400 Milliarden Euro. Als Region ist die Republik damit vergleichbar mit der norditalienischen Provinz Lombardei. Die Lombardei hat 80 Abgeordnete im Regional-Parlament in Mailand. Nun ist das Staatsgebilde Italiens mit Österreich bedingt vergleichbar, bleiben wir also beim Größenvergleich.

Österreich hat 183 Nationalratsabgeordnete, 61 Bundesrats-Abgeordnete und 440 Landtags-Abgeordnete, insgesamt 684. Recht viel mehr an Demokratie (von den 2096 Gemeinden abgesehen) ist kaum möglich. Die üppige Funktionärs-Struktur auf diesen Ebenen darf sich nun über eine Brutto-Gehaltserhöhung ab Jänner 2023 freuen:

Das Gehalt eines Nationalratsabgeordneten wird dann monatlich 9873 Euro erreichen (plus Urlaubs- und Weihnachtsgeld).

Das Gehalt eines Landtags-Abgeordneten wird dann monatlich 7898 Euro ausmachen (plus…).

Das Gehalt eines Bundesrats-Abgeordneten macht dann 4936 Euro monatlich aus.

Dazu kommt: Nur 43 Nationalratsabgeordnete haben keine zusätzlichen Einkünfte aus Brotberufen bzw. Nebenjobs. Bei den 440 Landtags-Abgeordneten sind „Neben-Einkünfte“ sogar die Regel. Das betrifft alle Mandatare, sowohl von Regierungs- als auch Oppositionsparteien.

Mit einem Blick auf jeweilige Kompetenz der Gremien und Qualität der Debatte in den Parlamenten muss die Frage erlaubt sein, ob dies angemessen ist. Natürlich ist ein Politiker-Job sehr anstrengend. Viele Abende und Wochenende gehen drauf, Freizeit ist ein Luxus.

Das gilt aber auch für viele Beschäftigte in Unternehmen und Selbständige, die nicht annähernd in diese Gehaltskategorie kommen. Die Frage stellt sich noch drängender, wenn die politischen Parteien die Verwaltung dermaßen „unterwandert“ haben, dass es dort zu krassen Fehlleistungen kommt.

Oder wenn etwa kaum noch Gestaltungswille zu erkennen ist. Österreich wird als Staat bis 2026 mehr Geld ausgeben als er einnimmt, ein großer Teil – etwa Schuldendienst und Pensionszahlungen – geht in den Konsum-, nicht in den Investitionsbereich. Gleichzeitig gibt es trotz hoher Steuerbelastung erhebliche Defizite im Bildungs-, Sozial-, Gesundheits- und Innovationsbereich. Der Bereich Sicherheit darbt dahin. Was vom riesigen EU-Wiederaufbaufonds in Österreich ankommt, ist aus der Debatte verschwunden. In der Wirtschaft wird die lange Verfahrensdauer von Gewerbeberechtigungen beklagt wie vor 20 Jahren; es gibt zu wenig Ärzte; zu wenig Fachkräfte. Gleichzeitig steigen die Ausgaben des Staates.

Immer mehr Bürger fragen sich – abseits der Korruptions- und Parteifinanzgeschichten – was eigentlich der Staat und die Politik macht, um ihnen das Leben zu erleichtern. Mit üppigen Geldverteil-Aktionen wird versucht, die Inflation nicht gleich durchschlagen zu lassen. Ein Pflaster auf eine klaffende Wunde, das wissen die meisten Bewohner des Landes, die sich vor der Zukunft fürchten.

Bekommen sie Antworten? Nein, ist zu konstatieren. Die eher sperrigen Finanzausgleichsverhandlungen, die 2023 anstehen, lassen befürchten, dass es hier wieder nur eine Verteilung an die Bundesländer geben wird, ohne strukturell in der Aufgabenverteilung etwas zu verändern. Dabei wäre das bei Bildung, Gesundheit, Soziales dringend notwendig. Alle sind dafür, dass Frauen aus der Teilzeit-Falle kommen und es ausreichend Kindergärten gibt. Alle wollen, dass bereits der Kindergarten beginnt, soziale Unterschiede von Talent zu lösen. Gibt es ausreichend Fachkräfte in Kindergärten und gibt es diese Kindergärten? Nein.

In diese Gemengelage fallen die nunmehrigen Gehaltserhöhungen für jene Politiker, die all diese Missstände beseitigen sollten. Wenn ein Landtagsabgeordneter aus dem Steuertopf im Jahr 110.000 Euro erhält, dann ist das kein Dankeschön einer Partei an einen verdienten Funktionär. Um dieses Geld kann jeder Bürger erwarten, dass er beiträgt, das Land voranzubringen. Und dabei geht es nicht darum, einen Politiker anzurufen, um einen Pflegeplatz für nahe Verwandte zu erhalten, sondern um die Schaffung eines Systems, das solche Plätze zur Verfügung stellt.

Das ist nicht der Fall. Und solange die gesetzgebenden Abgeordneten nicht dafür sorgen, solche Strukturen zu schaffen, verdienen sie schlicht zu viel. Gerade weil sie verdammt sind, einen Teil ihrer üppigen Gage als Parteisteuer wieder abzugeben, weil sie sonst gar nicht auf die Wahlliste gekommen wären. Das führt bei Parteien wie aktuell bei der ÖVP, die vom einem Wahlergebnis 2019 von 37,5 Prozent in den Umfragen auf 21 Prozent abstürzte, zu einem internen Hauen und Stechen um vordere Listenplätze. Etwa ein Drittel der oben aufgezählten Mandatare entfällt auf die ÖVP, und viele von ihnen drohen ihre finanziell attraktiven Jobs zu verlieren. Mit Gestaltung und sachlicher Expertise hat dies alles leider nix zu tun. Den politischen Profit dieses Stillstands streift derzeit die FPÖ ein, deren Mandatare freilich genauso viel verdienen…