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Erstellt am 16.11.2018

Signa – Das Imperium des Rene Benko

Nach dem Einstieg bei Kronen Zeitung und Kurier fragt jeder: Wie macht das der Benko?
„Schwarzes Kameel“ expandiert in Signas‘ „Golden Quarter“ und eröffnet Dependance in der Wiener Seitzergasse.

Wien. Vor ein paar Tagen fand ein Empfang von Rene Benko bzw. seiner Signa-Gruppe im noblen Wiener Park Hyatt-Hotel statt – Teil jenes „Golden Quarter“, das den 41jährigen Immobilien-Unternehmer endgültig ins Rampenlicht gerückt hatte. Damals kaufte der Emporkömmling – mitten in Wien – die nebeneinander liegenden Bankzentralen von Bawag und Bank Austria – ein unerhörter Vorgang. Heute entwickelt er die neuen Bürotürme der beiden Banken.
In der Tat ist die Entwicklung der Signa-Gruppe bemerkenswert, mit einem Immobilienbesitz im Wert von zirka 14 Milliarden Euro ist sie einer der größten Immobilien-Entwickler Europas. Mit einem klaren Fokus auf Österreich, Deutschland, Norditalien – und auch in den USA.

Um die in seinen Immobilien angesiedelten Nobel-Geschäfte in der Wiener Innenstadt zu beleben, hat Benko nun das „Schwarze Kameel“, derzeit Intreff der Ösi-Prominenz, gewonnen, das lange leerstehende Lokal am Ende der Seitzergasse zu übernehmen. Die Gastro-Dependance des in Wien nur „das Kamel“ genannte Lokal soll – und wird wohl auch – die von Fußgängern schwach genutzte Seitzergasse beleben, die dort befindlichen Nobel-Geschäfte werden dankbar dafür sein. Nobelmarken wie Alexander McQueen sind dort angesiedelt.
Das von Peter Friese enorm entwickelte „Schwarze Kameel“ (benannt nach seinem ersten Eigentümer Johann Baptist Cameel, der 1618 dort eine Gewürzkrämerei errichtete) platzt in seinem ums Eck gelegenen Stammsitz aus allen Nähten. Das Lokal in der Seitzergasse stand lange leer, die Mietvorstellungen von Benkos‘ Signa schreckte dem Vernehmen nach sämtliche Top-Gastronomen ab. Nun gibt es eine offenbar machbare Lösung mit Kameel-Eigentümer Peter Friese. (Signa, dazu befragt, wollte zur Ansiedlung des „Kameels“ an dem Standort nicht Stellung nehmen.)

Doch dieser bevorstehende Deal ist nur ein vergleichsweise kleiner Erfolg. Rene Benko gab zuletzt ordentlich Gas. In Deutschland erwarb er nach Karstadt auch Kaufhof – in beiden Fällen war die Schuldenübernahme wesentlicher als der tatsächliche Kaufpreis. Die beiden Warenhaus-Ketten mit besten Innenstadt-Lagen in deutschen Großstädten werden derzeit zur „Deutschen Warenhaus AG“ fusioniert. 243 Standorte mit 32.000 Mitarbeitern, eine sportliche Aufgabe…
Gleichzeitig expandierte die unter Signa Retail und Signa Sports firmierende Benko-Gruppe massiv in den Online-Handel, etwa mit Outfitters, Tennis-Point und Stylefile. Diese digitalen Plattformen kommen aber – wie auch Zalando und Amazon – nun drauf, dass es auch stationärer Einheiten bedarf, etwa für die Bereiche Beratung und Logistik. Diese Flächen bieten die Kaufhäuser von Kaufhof und Karstadt. „Es ist eine Verbindung von Einkaufserlebnis und digitaler Bestell-Vorgänge. Kein blöder Gedanke von Benko“, sagt ein Handelsmanager, der anonym bleiben wollte, zu den „finanznachrichten“. (An der Signa-Handelsgruppe ist auch Niki Laudas Familienstiftung mit acht Prozent beteiligt.)

Nun kommt Benko aber aus dem klassischen Immobilien-Entwicklungsgeschäft, die erheblichen Immobilien der Kaufhäuser gehören auch zur Gruppe. „Sollte ein Handels-Konzept nicht aufgehen, kann Benko mit Signa die Immobilien auch anders entwickeln, es ist in Wahrheit eine wirklich durchgehende Wertschöpfungskette, die Signa hier aufbaute“, sagte ein Immo-Mitbewerber Benkos‘.

In Österreich übernahm Benko kürzlich die marode kika-Leiner-Gruppe mit den Möbelhäusern. Das Leiner-Haus in der Wiener Einkaufsmeile Mariahilferstraße könnte nun – so „Die Presse“ – in ein Luxuskaufhaus nach dem Vorbild des „KadeWe“ in Deutschland umgebaut werden. Mit den Eigenmarken von Signa Sports, aber auch anderen Markenartiklern – etwa Zalando.

„Der Medien-Deal macht einen Verkauf der Krone ans Ausland unmöglich. Es ist die von allen politischen Parteien gewünschte österreichische Lösung.“
Und da ist natürlich nun auch der Medien-Deal von Rene Benko. Er kaufte sich mit 49 Prozent in die WAZ Auslandsholding der deutschen Funke-Gruppe ein. Die der Familie Grotkamp gehörende Gruppe ist die größte Mediengruppe von Regionalmedien in Deutschland, und deren Auslandsholding hält 50 Prozent an der „Kronen Zeitung“ und 49 Prozent am „Kurier“.
„Oligarchen kaufen sich Medien, nun auch in Österreich“, war unter anderem zu lesen. Dass Benko als Unterstützer von Bundeskanzler Sebastian Kurz gilt, befeuerte die Vermutungen einer Gleichschaltung von Medien zum Vorteil der ÖVP/FPÖ-Regierungskoalition.
Dass sich Benko mit diesem Deal auch politische Macht kauft, ist ein Faktum. Die Hintergründe des Deals dürften aber pragmatischer sein. Die von Krone und Kurier gebildete Verkaufsplattform Mediaprint leidet seit Jahren am Streit zwischen der Funke-Gruppe und der Krone-Eigentümerfamilie Dichand. Mit dem Einstieg Benkos‘ kann sich der erbitterte Streit nur entspannen – und einer „österreichischen Lösung“ bei der Kronen Zeitung den Weg bahnen. Denn die vereint Politiker aller Parteien: Der Verkauf der größten Kaufzeitung Österreichs (knapp mehr als zwei Millionen Leser) an eine ausländische Gruppe wollen alle verhindern.
Mit dem Einstieg der Signa Holding GmbH. ist hier der erste Schritt gemacht, und ein Verkauf an andere Medienkonzerne Europas unmöglich gemacht worden. Immerhin.
Dass die Netzauftritte der beiden Medien zu den reichweitenstärksten zählen, kann den Handels-Plattformen von Signa auch nur förderlich sein. Nur so wird es verständlich, dass sich Benko in einem ersten Schritt mit einer Minderheits-Beteiligung zufrieden gab. Es ist wohl anzunehmen, dass es so was wie eine „Signa Medien“-Gruppe geben wird, alleine schon aus steuerlichen Gründen.

Auch Haselsteiner spielt kräftig im Benko-Imperium mit
Denn die Signa-Gruppe ist in eine unüberschaubare Zahl von Projektgesellschaften zersplittert. Die Signa Holding GmbH. hält an allen großen Teilbereichen mehr als 50 Prozent. Die wiederum gehört zu 88 Prozent der Benko Familienstiftung, zu acht Prozent dem Schweizer Lindt&Sprüngli-Schokolade-Chef Ernst Tanner, zu vier Prozent dem deutschen Gründer der Fressnapf-Kette Torsten Töller.
Die Musik spielt in den Gesellschaften darunter. Strabag-Hauptaktionär Hans Peter Haselsteiner hält 25 Prozent an der Signa Development AG und fünf Prozent an der Signa Prime Selection AG, in der die Top-Lagen des Immobilienbesitzes gebündelt sind. Nur an der KaDe-We-Group, in der Top-Immobilien der Kaufhaus-Gruppe in Berlin, Hamburg und München geparkt sind, hält die Signa Holding mit 49 Prozent noch keine Mehrheit.

Für Wien besonders interessant ist die Signa Development AG. Sie kaufte und entwickelte den Austria-Campus im zweiten Bezirk. Die Liegenschaften des früheren Nordbahnhofs mit 85 Hektar sind eines der Stadtentwicklungs-Gebiete der schnell wachsenden Bundeshauptstadt. Dort ist Signa mit dem Austria Campus bereits investiert und übernahm die überdimensionierten Flächen der dort entstehenden neuen Bank Austria-Zentrale. Und das Gebiet wird ab 2022 – wie Bürgermeister Michael Ludwig kürzlich bekräftigte – um die benachbarten Gründe des Nordwestbahnhofs erweitert. Das liegt im ebenfalls zentral gelegenen, benachbarten 20. Wiener Bezirk Brigittenau und umfasst 44 Hektar.
Signa könnte auch hier eine große Rolle spielen, und das führt zur Frage:

„Wie macht das der Benko? Schaut auf den Deal mit der Bayerischen Versorgungskammer.“

Der 41jährige Tiroler Selfmade-Man Rene Benko gründete 2006 die Signa-Gruppe und gründete seinen Erfolg mit dem 2004 erworbenen Kaufhaus Tyrol in Innsbruck. Das Innenstadt-Kaufhaus ist heute mit rundum erworbenen Liegenschaften ein kleiner Stadtteil geworden – entwickelt von Benko.
Das rasche Wachstum der Gruppe hat einen einfachen Grund: Benko hat bisher alle größeren Immo-Projekte erfolgreich entwickelt. Und war wohl einer der größten Profiteure der Finanzkrise. Denn die Nullzins-Politik der EZB treibt Investoren in Immobilien – und eines wird Benko neidlos von allen zugeschrieben: Viele Investoren vertrauen seinem Gespür, und geben gerne Geld mit einer angemessenen Rendite.
Jüngster Coup war ein Deal, den er mit der Bayerischen Versorgungskammer (BVK) abschloss. Diese Bayerische Versorgungskammer ist – salopp gesagt – die Pensionsversicherung für berufsständische und kommunale Einrichtungen des Freistaates. 1,9 Millionen Versicherte zahlen ein und wollen daraus ihre Rente beziehen. Diese BVK, die als Behörde des Freistaats Bayern geführt wird, hat derzeit 72 Milliarden Euro „under management“, und ist einer größten Pensionsfonds. Nun hat diese BVK beschlossen, eine Milliarde Euro in den Erwerb österreichischer Immobilien zu stecken, um aus den Mieteinnahmen ihre künftigen bayerischen Rentner bezahlen zu können. Hier soll übrigens auch Bundeskanzler Kurz hilfreich gewesen sein, ist zu hören. Kurz hat exzellente Verbindungen in die bayerische CSU.
Den Zuschlag dafür bekam die in der Schweiz angesiedelte „Signa Financial Services AG“. Gut möglich, aber vom Unternehmen nicht kommentiert, dass die Signa für die Bayern nun am Wiener Nordwestbahnhof Miethäuser errichtet.
Ein ziemlich risikoloses Geschäft. Es gibt den Bedarf an Wohnungen, die müssen entwickelt, gebaut und dann verwaltet werden. Bei einer Milliarde Euro Volumen bleibt – egal, wo investiert wird – für Signa eine Provision hängen, die im hohen zweistelligen Millionenbereich zu verorten ist.

Nicht nur daran, sondern an all diesen Geschäften verdient die von Benko kontrollierte Signa Holding mit – Beteiligungen wie an der „Kronen Zeitung“ gehen sich da allemal aus. Dass er sich 2014 von der operativen Geschäftsführung in den Vorsitz des Beirates der Signa-Gesellschaften zurückzog, reduzierte seinen Erfolg kaum. Sein Erst-Finanzier, der griechische Schiffs-Eigner Economou zog sich mittlerweile ebenso zurück die die Schweizer Falcon-Bank (im Eigentum von Abu Dhabi), die im Skandal um den malayischen Staatsfonds steckt.

„Der Wiener Tratsch geht vor allem um die Frage, wann Benko scheitert.
Das ist aber purer Neid.“

Benko hat nun Investoren bzw. Geschäftspartner wie die Bayerische Versorgungskammer. Er ist vom Immobilien-Tycoon mit zweifelhaftem Geld mitten im Establishment angekommen. Die Wiener Prominenz, die sich künftig im neuen Schwarzen Kameel in der Seitzergasse bei Gemischten Satz (eine Wiener Wein-Spezialität) und in Streifen geschnittenem Schnitzel das Maul um Benko zerreißen, werden nicht einmal wissen, dass sie damit eine Signa-Gesellschaft tatkräftig unterstützen.
Und so ähnlich – wenngleich nicht ganz so neidisch wie in Wien – wird es sein in München, in Hamburg, in Bozen, in Berlin. Und während diese Prominenz rätselt, wie der Benko das macht, wird Benko irgendwo sitzen und arbeiten. Denn das räumen ihm alle Mitarbeiter ein: Er lebt für die Signa, und hat Details im Kopf, die einem Aufsichtsratsvorsitzenden normalerweise nicht interessieren. Wohl auch ein Grund seines aktuellen Erfolgs.
Denn selbst wenn die Zinsen 2019 steigen, wird das die Signa-Gruppe – im Gegensatz zu anderen Immobilien-Gruppen – nicht in Schieflage bringen. Die Eigenmittel-Ausstattung, auch mit Anleihen, die als Eigenmittel gelten würden, drückt die Bankschulden des Immo-Konzerns auf ein beherrschbares Ausmaß. Das Rating, das ihm nach informellen Angaben der frühere Bank Austria-Generaldirektor und jetziges Beiratsmitglied Karl Samstag dringend empfahl, bestätigt Benko. Und beruhigt Investoren….

(der Artikel wurde am 17.11.2018 um 13 Uhr 53 aktualisiert).