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Erstellt am 21.04.2023

ÖBB legen den Schalter um und investieren noch mehr

von Reinhard Göweil

3,9 Milliarden Euro investierten die ÖBB im Jahr 2022, heuer sollen es sogar 4,7 Milliarden Euro werden. Die Gesamterträge lagen bei 7,4 Milliarden, ein Plus von sechs Prozent. An öffentlichen Leistungen insgesamt flossen 3,48 Milliarden in die ÖBB. Der Schuldenstand des Konzerns liegt bei 29,4 Milliarden, das Sachanlagevermögen steigerte sich auf 34 Milliarden. Angesichts dieser Zahlen ist ein positives Ergebnis in Höhe von 193,2 Millionen Euro verschwindend gering, aber es ist – wie ÖBB-Chef Andreas Matthä bei der Bilanzpressekonzern hinwies – im Vergleich zu vielen anderen europäischen Bahngesellschaften positiv. „Wir feiern heuer unser 100-Jahr-Jubiläum. Im Gründungsjahr 1923 hatten wir 113.000 Mitarbeiter und starteten mit einem Mega-Verlust von damals 235 Milliarden Kronen.“  

100 Jahre später stehen die ÖBB in einem denkbar günstigen Umfeld. Die Bahn ist in der Klimawende ein wesentlicher Angelpunkt der künftigen Mobilität. Vorbei die Zeiten vor 100 Jahren, als die Bahn 2600 Dampflokomotiven betrieb, die 2,2 Millionen Tonnen Kohle verfeuerten. „Ich rechne heuer, im Jubiläumsjahr, mit 480 Millionen Fahrgästen, ein stolzer Rekord“, sagte Matthä.

Strom im Vergleich zu Diesel zu teuer

Genau diese neue – ökologische – Rolle der Bahngesellschaften, also auch der ÖBB, bringt sie aber derzeit in die Bredouille. Hohe Strompreise und inflationär bedingt steigende Baukosten trüben den Ausblick. „Der wieder gesunkene Dieselpreis bringt uns im Güterverkehr zusätzlich in eine schwierigere Wettbewerbsposition zum Lkw“, sagte Matthä.

Die steigenden Zinsen als Folge der Inflation erhöhen den Druck auf den beträchtlichen Schuldenstand. Dazu kommt ein Lohnabschluss, der etwas über dem Voranschlag lag. „Wir müssen unterjährige flexibel darauf reagieren“, sagte Schiefer. Die Situation wird erleichtert, weil der für Banken gute Kunde ÖBB noch zur Niedrigzins-Phase günstig Kredite aufnahm, die erst heuer und 2024 verbaut werden können.

Ertragssteigerung = Preiserhöhung

Verklausuliert, aber unmissverständlich machten beide Geschäftsführer der ÖBB Holding klar, dass es zu Preiserhöhungen kommen wird müssen. So müsse das Ergebnis des ÖBB-Personenverkehrs von aktuell 158 Millionen auf „mindestens 200 Millionen Euro“ gesteigert werden. Das wird angesichts steigender Kosten nur über Erträge möglich sein – sprich Ticketpreise.

Während also die ÖBB angesichts dieser Chancen, aber auch der Krisen den Schalter mühsam umschalten müssen, tun sie bei einem anderen Schalter leichter. Ein Schalter, der nicht funktionierte, hat nämlich am 13. April den gesamten Bahnverkehr in Wien, Niederösterreich und Burgenland lahmgelegt. Eine Kettenreaktion war die Folge. „Wir sind mit unserem Industriepartner dafür gerade in Gesprächen und werden das neu organisieren. Es darf nicht noch einmal passieren, selbst wenn es das erste Mal überhaupt war, dass dieser Schalter, der ständig gewartet wird, ausfiel“, sagte Matthä.

Rail Cargo in Europa eine Macht

Im Güterbereich lugten sieben Millionen Euro Plus hervor, die Rail Cargo hat aber immer noch mit Problemen zu kämpfen. Als einer der größten Gütertransporteure auf der Schiene sind die ÖBB zwar Nummer 1 beim Bahn-Export ukrainischen Getreides in die EU, aber im industriellen Bereich gibt es Luft nach oben. Papier und Holz entwickeln sich schlechter, das mittelständische Angebot mit niedrigeren Tonnagen leidet am gesunkenen Diesel-Preis, was den Lkw begünstigt. Und die unterschiedlichen technischen Systeme bei Waggon-Kupplungen in Europa reduzieren bis in die „2030-Jahre“ (Matthä) den effizienten Transport über Staatsgrenzen hinweg.

Im Güterverkehr setzte Matthä weiter auf Expansion am Westbalkan. Nach Slowenien, Kroatien und Griechenland fahren die ÖBB nun auch in Serbien mit eigenen Güterzügen. Um die Lücke zu schließen, fehlt nun noch eine Rail Cargo-Tochtergesellschaft in Nord-Mazedonien.

In Österreich liegt ein wesentlicher Schwerpunkt beim Personal. „Wir suchen praktisch überall und in jedem Bereich Mitarbeiter“, sagte Matthä. Da die Babyboomer-Generation in Pension geht, haben die ÖBB 2022 etwa 4900 Mitarbeiter aufgenommen, heuer sollen 3000 dazu kommen. Allein 2000 Lehrlinge bilden die ÖBB selbst aus. Und dies nur, um den Personalstand zu halten. „Wir sind angesichts der Klimawende ein ethisch attraktiver Arbeitgeber, aber wir stehen auch im Wettbewerb um die besten Köpfe, die bezahlt werden wollen“, sagte Schiefer.

Und für die Kunden hat Matthä auch ein Schmankerl angekündigt. Dass 100-Jahr-Jubiläum wird bei der Vorteils-Card der ÖBB zu Vorteilen führen…